Jetzt geht’s los, jetzt geht’s los..

Jetzt geht’s wirklich richtig los. Der Fahrschul-Bus ist bestellt, meinen Urlaub hatte ich mir aufgespart und innerhalb von zwei Wochen sollte der Führerschein der Klasse D meiner sein – so der Plan. 

Erster Tag, 7:50 Uhr: 

Der Bus steht bei meinem Fahrlehrer „TT“ zu Hause vor der Haustür. Ein merkwürdiges mulmiges Gefühl wächst in meiner Magengegend. Es ist Januar. Mir rast der Gedanke durch den Kopf: Vielleicht doch nicht die beste Jahreszeit, um mit einem so großen PS-Gefährt durch die Straßen zu fahren? Aber ab jetzt gibt es kein Zurück mehr. Jetzt wird „geliefert“. Theoretisch weiß ich ja, wie die Mühle bewegt wird. 

Nach einer ausgiebigen Einführung und der Erklärung, wo alles ist und wie der Bus funktioniert, fahren wir nach etwa 1 ½ Stunden endlich los. Schreibe ich gerade „endlich“? Naja, ich wusste ja noch nicht, was mir der Tag bringen würde. Zunächst einmal spürte ich meinen Magen, der gerade Karussell fährt. Und ich bin auf Hochspannung! Aber das fühlt sich toll an. Hach, wie cool! Ich fahre BUS!

Ich rolle tatsächlich mit dem Riesengefährt Meter für Meter weiter auf der Straße und finde es einfach nur klasse. Wir fahren von einem Erwitter Ortsteil in Richtung Lippstadt. Ja, und da kommt auch schon die erste „Hürde“ auf mich zu. Ein Kreisverkehr! Urgh! Nur derjenige, der jemals einen Bus gefahren hat, weiß wie klein der Kreis wirklich ist. „Fahr‘ weiter, weiter, weiter“, höre ich noch meinen Fahrlehrer sagen und schon bin ich mit dem Fahrerbereich über den Grünstreifen geschlittert. „Oh schei….!“, sage ich. „So… und jetzt rum. Denk dran, Du sitzt 2 Meter vor der Achse“, sagt mir TT. „Ja, ja iss klar!“, denke ich und manövriere das Ding da „irgendwie“ durch. 

„So jetzt fahren wir erst mal in die Stadt“, sagt der Mensch neben mir. „Jetzt dreht er ganz durch!, ich fahre diesen Bus seit 10 Minuten und der will jetzt mit mir durch die Stadt… „Das machst Du schon“, höre ich ihn sagen. Weiter gerade aus über eine Hauptverkehrsstraße, durch eine Unterführung, rechts ab und dann mitten rein in die ostwestfälische „Wasserstadt“. „Oh mein Gott, ich mache das hier wirklich… mit einem 14-Meter-Reisebus durch unsere wunderschöne Lippe-Stadt! Unglaublich!“ 

Aber eigentlich funktioniert das alles ganz gut. Und mit der heutigen Technik, also Automatik, Servolenkung etc. ist es einfacher als zunächst angenommen. 

Nachdem wir (gefühlt) jede auch noch so kleine Gasse der Innenstadt durchkämt haben, fragt mich Thomas: „Wo wohnst Du eigentlich?“. Nach einem kurzen: „Hää?“, war mir sein Plan sofort klar und ich sagte: „Nein, das geht nicht. Wir wohnen in einem Wohngebiet mit sehr engen Straßen, also maximal 2 Autobreiten. Keine Chance, da können wir nicht hinfahren.“ Selbst der Gedanken daran war völlig absurd. Der Dialog setzte sich allerdings fort. Thomas: „Fährt da die Müllabfuhr durch?“ „Ja, klar.“, sagte ich. „Gut. Dann passen wir da auch durch. Und wenn nicht, dann fahren wir halt rückwärts wieder raus!“ 

Ich schaute ihn an und dachte nur: „Jetzt dreht er völlig durch! Aber: Er ist der Boss.“ Somit fuhren wir aus der Stadt heraus in Richtung unseres Hauses. 

Dort angekommen fuhr ich suuuuuuuperlangsam in unsere Siedlung ein und parkte vor unserer Haustür. Ich stieg aus dem Bus aus, klingelte an und präsentierte meiner mit aufgerissenen Augen staunenden Frau, den 14 Meter langen Reisebus, der die gesamte Straße ausfüllte. 

Erster Fahrschultag: Oh, oh, oh! Was habe ich da getan…? Und was ist das für eine verrückte Nudel auf dem Beifahrersitz – genau mein Kaliber! Danke

Der Anfang ist gemacht…

Ich habe die richtige Fahrschule gefunden! 

Die Fahrschule Tölle in Lippstadt liegt auf direktem Weg von der Arbeit nach Hause. Würde sich also anbieten, denke ich mir mal wieder… Fahrschule aller Klassen? Top! – Also reingehen und nachfragen. 

Das nun folgende kannte ich ja bereits… „Was für einen Führerschein? Oh oh, die Königsklasse… na… da muss ich erst einmal sehen, woher ich den Bus bekomme!“ Ahh! Hier bin ich richtig, der wimmelt mich nicht sofort ab, der scheint genau so verrückt zu sein wie ich und geht auf mein Abenteuer ein. 

Es hat zwar noch einige hartnäckige Telefonate und Besuche in seiner Fahrschule gedauert, aber dann hatten wir einen „Deal“ (den ich bis heute nicht bereue!). 

Und ab jetzt hieß es: pauken, pauken, pauken! Wenn man glaubt, dass das ja nicht so schwer sein kann – Pustekuchen! Oder kennst Du noch alle Zahlen, Daten und Fakten, für die theoretische Führerschein-Prüfung? Autofahren kann ich seit über 30 Jahren, also rechts vor links zu beachten ist kein Problem, nur… alles andere musste ich mir erst einmal wieder aneignen. Darüber hinaus dann die zusätzlichen Kenntnisse wie Lenkzeiten, Sicherheit, Kontrollen usw. Ganz zu schweigen von einer ärztlichen Bescheinigung, einem Sehtest, dem „Erste-Hilfe-Kurs-Nachweis“. Da war das aktuelle Passbild für den „Lappen“ wirklich das einfachste! 

Wenn nicht jetzt,…?

Ich habe die 50 überschritten und man(n) fragt sich: „Wenn Du das jetzt nicht machst, dann wohl nie…“. Also mache ich mich schlau, wo ich in Lippstadt und Umgebung einen Busführerschein überhaupt machen könnte. 

Da die meisten Fahrschulen keinen Fahrschulbus besitzen, war die Suche nach dem passenden Partner an meiner Seite nicht so leicht wie zunächst gedacht (der Fahrlehrer benötigt beispielsweise die gleichen Pedale wie bei einem Fahrschul-PKW, Bremse, etc.) „Was für einen Führerschein wollen Sie machen? Sie meinen doch sicher einen LKW-Führerschein, oder?“ wurde ich gefragt. „Nein, nein, Sie haben schon richtig gehört, ich möchte Bus-fahren lernen, also Führerscheinklasse D.“

Wo fange ich nur an…?

Es ist Juli 2018 und wir sind mit Freunden und einem geliehenen VW Bulli in England, genauer gesagt in Schottland unterwegs. 

Der Linksverkehr macht mir nichts aus. Ich kenne das bereits und spätestens seitdem meine Frau und ich vor einigen Jahren beruflich für drei Jahre in England gelebt haben, sowieso nicht mehr. Ich fahre den Bulli in dem gemeinsamen „Familien-und-Freunde-Urlaub“ für die gesamte Zeit und Strecke und habe sehr viel Spaß dabei! „Na Du bist doch zum Busfahrer geboren“, höre ich unsere Freunde sagen… „Da kommt er wieder, unser BUSchfahrer!“. 

Und wenn ich dann mal etwas weiter darüber nachdenke, hatte ich die erste Begegnung mit einem Reisebus tatsächlich so ungefähr mit 13 Jahren. Heute würde ich sagen, dass mich diese Erinnerung wahrscheinlich geprägt hat. 

Eine Freundin von mir musste hier und da den Reisebus des elterlichen Betriebs eines Reisebus- und Taxiunternehmens, regelmäßig von innen reinigen – und ich half ihr dabei. Nicht selten habe ich mich zwischendurch oder nach getaner Arbeit hinters Steuer gesetzt und davon geträumt, ein so großes Gefährt zu fahren. Aber wie es meistens im Leben ist, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Der Wunsch wurde von mir weit, weit nach hinten geschoben, obwohl mich die Fahrzeuge mit Ihrer immensen Größe immer wieder fasziniert haben und es mich immer wieder erstaunt hat, wie die Busfahrer durch Gassen und Ecken mit einem derartig großen Gefährt fahren können. Und dann auch noch rückwärts oder vorwärts… wow!